Ende Februar besuchte ich die „Biodynamica24“, eine Veranstaltung, die das Ziel hatte, Wissen über den biodynamischen Weinbau praxisnah zu vermitteln und interessierte Akteure des biodynamischen Ansatzes weiter zu vernetzen. Das Event wurde von den Heitlinger Genusswelten im Kraichgau bestens organisiert und fand zum ersten Mal statt.
Neben den Weingütern Heitlinger und Burg Ravensburg nahmen auch das Weingut Odinstal, das Weingut Agricola Foradori und Romana Echensperger (Master of Wine) teil. Ziel der Veranstaltung war die praxisnahe Vermittlung von Informationen zum biodynamischen Weinbau. Die 40 Teilnehmer, darunter Sommeliers, Fachleute aus Handel und Gastronomie sowie Medienvertreter, wurden nach einem Begrüßungsglas Blanc de Noir Brut von Heitlinger in Gruppen eingeteilt. Meine Gruppe besuchte zunächst den Weinberg Eichelberg vom Weingut Burg Ravensburg. Dieses Weingut, gegründet 1251 und seit 2010 von Weingut Heitlinger übernommen, gehört zu den ältesten Deutschlands.
Schafe im Weinberg
Auf dem Weinberg Eichelberg ging es unter anderem um die Bedeutung von Schafen im Weinberg. Andreas Schumann vom Weingut Odinstal, bekannt durch seine hervorragenden Weine und seine Expertise im biodynamischen Weinbau, erläuterte uns die Vorteile der Schafe im Weinberg. Sie leisten einen großartigen Beitrag zu gesunden Böden und Pflanzen. Sie fressen Unkraut, machen Herbizide überflüssig, düngen natürlich und lockern den Boden. Im Sinne einer ganzheitlichen Bewirtschaftung leisten die Schafe quasi auch „Seelenarbeit im Weinberg“, die sich positiv auf Mensch und Pflanze auswirkt und eine nachhaltige Bewirtschaftung fördert. Weibliche Tiere seien dabei vorzuziehen, da die männlichen Vertreter sich nicht immer rebenschonend im Weinberg verhalten würden.
Biodynamische Präparate
Andreas erklärte uns später am Tag die spezifischen Methoden des biodynamischen Weinbaus. Dazu gehört die Verwendung von Kuhhörnern, die mit Kuhdung gefüllt und im Weinberg vergraben werden. Das fermentierte Hornmistpräparat wird dann dynamisiert und zur Stimulierung und biologischen Aktivierung des Bodens ausgebracht. Ebenfalls verwendet wird Hornkiesel, der ähnlich in Kuhhörnern vergraben und als Pflanzenstärkungsmittel in den verschiedenen Vegetationsphasen verdünnt und dynamisiert wird. Diese Maßnahmen fördern die Photosynthese, verbessern die Pflanzengesundheit, steigern die Fruchtqualität und stärken die Pflanzenstruktur, was letztendlich zu einem gesunden und ausgewogenen Ökosystem im Weinberg beiträgt.
Achtung: Rebschnitt
Weiter ging es am Eichelberg dann mit Claus Burmeister, einem Pionier für biodynamischen Weinbau in Nordbaden. Claus Burmeister wuchs im Weingut Burg Ravensburg auf und wurde von seinem Vater Hubertus schrittweise in den Betrieb eingeführt. Nach einem Studium der Weinbau-Betriebswirtschaft und Praktika im In- und Ausland übernahm er die Leitung des Weinguts und ist seit 2008 auch für die Weinproduktion des Weinguts Heitlinger verantwortlich. Eindrucksvoll demonstrierte Claus die Kunst des gesunden und nachhaltigen Rebschnitts. Die Bestimmung und Bedeutung von Rebzapfen und Fruchtruten sowie das Lesen des Alters der Ruten sind wichtige Voraussetzungen für den Rebschnitt. Sachverstand und Erfahrung sind erfolgskritisch für einen gesunden und langlebigen Rebstock und dessen Trauben für den Wein. Die Aufgabe gehört mit zu den aufwendigsten im Weinberg und erfordert einen hohen Zeitaufwand durch wenige erfahrene und geschulte Kräfte.
Der ganzheitliche Hof
Die international bekannte Pionierin für biodynamischen Weinbau und ihre wunderbaren Weine, Elisabetta Foradori von Agricola Foradori aus dem Trentino, betonte anschließend inmitten der Kraichgauer Weinberge, dass es sehr wichtig sei, dass die ökologisch arbeitenden Winzer mit anderen biodynamisch arbeitenden Landwirten zusammenarbeiten und voneinander lernen. Elisabetta hat durch ihre Leidenschaft für die genetische Vielfalt von Teroldego diese Rebsorte wieder international bedeutend gemacht. Das Weingut Foradori ist ein ganzheitlicher Betrieb mit Viehzucht und dem Anbau von Obst und Gemüse. Die Familie produziert neben Weinen auch verschiedene Käsesorten, hochwertige Wurstprodukte und Pasta.
HighTech im Weinberg
Am Nachmittag ging es in die Lage Wormsberg. Hier demonstrierte Patrick Jacklin, einer der Eigentümer des Weingut Heitlingers, wie der Einsatz von Technik hilft, Bioweinbau auch betriebswirtschaftlich erfolgreich zu gestalten. Für das Weingut Heitlinger hat sich die Anschaffung einer Drohne für den Pflanzenschutz bereits bewährt. Besonders in schwierigen, feuchten Jahren vermeidet die Drohne das häufige Befahren und damit Verdichten des Bodens der Weinberge. Eine durchlässige, lockere und wurzelreiche Humus- und Erdschicht sind wichtige Voraussetzungen für den gesunden, ökologischen Weinbau. Neben „Drony“ gibt es bei Heitlingers auch „Robby“, einen selbstfahrenden, leichtgewichtigen Roboter, der zunächst ebenfalls Pflanzenschutzaufgaben und später auch andere Arbeiten übernehmen kann.
Masterclass
Am Abend fand eine Masterclass mit Romana Echensperger (Master of Wine) statt, die drei außergewöhnliche Tasting Flights aus biodynamisch erzeugten Weiß- und Rotweinen präsentierte. Anschließend hielt Romana einen sehr interessanten Vortrag zum Thema „Sonnenrhythmen“, bei dem die Teilnehmer ihr Wissen über den Einfluss von Mondphasen und Sonnenrhythmen auf den Jahreslauf und den biodynamischen Weinbau vertiefen konnten.
Fazit
Mir hat diese gelungene Veranstaltung die Welt der biodynamisch arbeitenden Winzer und deren Aufgaben im Weinberg näher gebracht. Das Engagement und die Leidenschaft mit der sie ans Werk gehen ist bewundernswert. Das Ergebnis sind herausragende Weine für wahren Weingenuss.
Die durch Heitlinger Genusswelten bestens organisierte Veranstaltung endete mit einem gemeinsamen Abendessen und einem weinseligen Ausklang, mit guten Gesprächen über Wein, Gott und die Welt.